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Michael Beutler

*1976 in Oldenburg
Lebt und arbeitet in Berlin

Gelbes Loch, 2020

Glasierte Keramik, Stahl, Siebdruckplatten
135 x 195 x 210 cm (3 Teile)
Leihgabe des Künstlers



Ein leuchtend gelbes Haus steht auf einer Grünfläche am Rheinufer. Nähert man sich der runden Konstruktion, wird die Oberfläche sichtbar: gelbe Folie, befestigt an einem Stahlraster. Mehr oder minder stark gebeugt, kann die Installation über einen kleinen Eingangstunnel betreten werden und im Inneren angekommen, wird das große runde Loch im Zentrum des Daches und damit der Himmel sichtbar. Michael Beutler
(Foto: David von Becker, Berlin)

„Gelbes Loch“ ist eine Installation, die sich aktiv Materialen der Baustelle zuwendet. Bei der gelben, strukturierten Oberfläche der Installation handelt es sich um Pecafil, ein Bauelement, das als Schalung für Betonkonstruktionen verwendet wird. Es besteht aus einer rasterförmigen Stahlmatte und einer markanten gelben Folie. Hierdurch ist es besonders einfach und vielseitig einsetzbar und kann dabei immer wieder neu verwendet werden. Doch ist in „Gelbes Loch“ kein Beton und keine Baustelle in Sicht. Nur der gelbe Rundbau, ähnlich einem Zelt, das temporär aufgeschlagen wurde.

Michael Beutler greift in seinen raumgreifenden Skulpturen immer wieder auf Pecafil zurück. Auch andere „arme“ Materialien bezieht er in seiner DIY Herangehensweise mit ein und erschafft so fragile, sich im Prozess befindliche Installationen, in denen nicht immer klar ist, was Kunstwerk, Werkzeug oder Herstellungsmaterial ist. Es entstehen Arbeiten, die bereits produzierte und abgenutzte Elemente beinhalten und diese in Form von Konstellationen neu in Beziehung zueinander setzen. Sie verweisen auf die ökonomische Dimension von Raum und Raumnutzung, indem sie das Prinzip des fertigen, verkleideten Gebäudes verneinen und stattdessen Räume vorschlagen, die sich vom allgemeinen Verständnis abheben und dieses zugleich kommentieren. So entstehen Werke experimenteller Raumnutzung, die sowohl fertig als auch prozesshaft und unabgeschlossen wirken.

Genau diesen Moment des Unfertigen und Prozesshaften verhandelt Beutler und stellt dabei auch die Frage nach der Gegenwart und Zukunft von Räumen und Gebäuden. Wie wollen wir wirklich leben? Wie vereinen wir gesamtgesellschaftliche und individuelle Wünsche? Und wie sollen wir uns das bald leisten können?

Bedroht von Verdrängung durch steigende Mieten und die zunehmende Erschwerung ein Atelier zu finden, stellen sich Künstler*innen und Architekt*innen diese Fragen mittlerweile sowohl persönlich als auch beruflich. Im Kontext der sich gegenwärtig zuspitzenden Wohnungsmärkte in deutschen und europäischen Großstädten erscheint „Gelbes Loch“ somit als Kommentar. Zum einen ironisch – denn wer möchte wirklich in einem Zelt leben, dessen Dach ein großes Loch bildet und dessen Fassade ausschließlich aus dünnem, synthetischem Baumaterial besteht? Zum anderen und mit ersterem verbunden, aber als ernsthafte Aufforderung zum Neudenken von Stadtraum und den eigenen konkreten Wünschen am Wohnen.

Im Zusammenspiel aus Material und Form, plädiert „Gelbes Loch“ für den Prototyp als Denkweise, in der der Entwurf immer und immer wieder umgeformt und neu erschaffen, jedoch nie als Endprodukt verstanden wird. Er ist immer im Zwischenstadium von Entwurf und Realisation und immer wieder neu kontextualisiert.

Bei der Skulpturen-Triennale 2023 erscheint „Gelbes Loch“ am Rheinufer, umrahmt von rheinländischer Idylle und Architektur, und erschafft – im Kontrast – einen Raum für ökonomische und soziale Diskurse rund um das Wohnen.

(N.G.)

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