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Günther Meyer

Uwe-Karsten Günther, *1962 in Gotha
Lebt und arbeitet in Leipzig

Clemens Meyer, *1977 in Halle/Saale
Lebt und arbeitet in Leipzig

Ich bin Cowboy weil ich‘s bin, 2022/2023

Vollholz Kiefer
230 x 74 x 110 cm
Leihgabe des Künstlers



Cowboys sind bis heute ein Faszinationspunkt. Jedes Jahr verkleiden sich unzählige Kinder als Cowboys oder Cowgirls und jagen sich über die Faschings- und Karnevalsparaden. Dabei hat der Mythos Cowboy eine ebenso undurchsichtige, wie absurde Entstehungsgeschichte. Die Hauptzeit der Cowboys spielte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ab, als riesige, verwilderte Rinderherden im Mittleren Westen Nordamerikas zusammengetrieben werden mussten. Diese Zeit beschrieb der in Sachsen geborene Karl May in seinen bis heute weltbekannten Romanen. Vor allem die Geschichten rund um den „Indianer“ Winnetou und Old Shatterhand brachten ihm Weltruhm und etablierten die sowohl antagonistische als auch freundschaftliche Zweiteilung in Cowboys und Indianer. Aus der Ich-Perspektive des mutigen und gerechten Old Shatterhand geschrieben, konnte May jedoch bald nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden. So behauptete er nicht nur, selbst jener Cowboy zu sein und die Inhalte der Erzählungen tatsächlich erlebt zu haben, sondern ließ sich sogar die Artefakte aus den Büchern anfertigen, um Fiktion und eigenes Leben zu verschmelzen. Seinen Lebensabend verbrachte er in der Villa Shatterhand im sächsischen Radebeul, die heute das Karl-May-Museum beherbergt. Günther Meyer
(Foto: David von Becker, Berlin)

May selbst war nur ein Mal, kurz vor seinem Tod, auf dem amerikanischen Kontinent und hatte keinerlei persönlichen Bezug zu Cowboys, Indianern und dem Wilden Westen. Dennoch schuf er einen Mythos, der ein abstraktes Wertesystem und eine Haltung beinhaltete. Denn der Cowboy steht wie selbstverständlich auf der Seite des Guten, der Gerechtigkeit und der Freiheit.

Ein noch viel entfernteres Verhältnis zum Wilden Westen, aber ebenso viel Faszination für die Vermengung von deutsch-amerikanischer Fiktion und einem abstrakten Freiheitsbegriff, beschäftigt das Künstlerduo Günther Meyer seit mehr als 10 Jahren in ihrer künstlerischen Praxis. Der Ausstellungsmacher und Künstler Uwe-Karsten Günther und der für Bücher wie Als wir träumten und Nacht im Bioskop bekannte Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer entschlossen sich, ihre Nachnamen zu einem künstlerischen Alter Ego zu verschmelzen, um von nun an auf humoristische Art und Weise Popkultur, Mythen und Ostdeutschland neu zueinander zu denken. In ihrer lockeren, dadaistischen Praxis eignen sie sich spezifische Phänomene und Artefakte an und führen diese durch Übertreibung, Verniedlichung und Kontextualisierung ins Absurde.

Das Duo erwarb eines Tages einen eigenartigen, handgemachten Nussknacker aus dem Erzgebirge und stellte ihn als Readymade in den Galerieraum. Einige Jahre später wendete sich Günther Meyer dem Objekt erneut zu, scannte dessen Form und machte aus der kleinen Holzfigur eine überdimensionale Cowboyskulptur. Zwischen Karl May, der Hamburger Country Band Truck Stop, Schnitzkunst aus dem Erzgebirge und Marcel Duchamp, entstand so „Ich bin Cowboy weil ich’s bin“.

Und jetzt steht sie da, gleich einem adabsurdum geführten Denkmal der Selbstbehauptung, denn so Truck Stop: „Cowboys sind aus eigenem Holz, die nicht viel reden/ganz leiser Stolz, ja wer sie kennt, der kann sie verstehen“.

Günther Meyer plädert in diesem Sinne für ein neues Selbstbewusstsein, in dem die eigene Existenz und die eigenen Positionen genuin vertreten werden. Was und wer man sein will, das ist man einfach. So wurde Karl May zu Old Shatterhand und ein sächsischer Nussknacker zu einem Cowboy.

(N.G)

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